Ist zwar erst der dritte Tag, an dem ich diese Zeilen schreibe, aber es fällt mir schon schwer, mich zu erinnern. Ach ja, ganz normale Probleme: Wir finden die Abteilung nicht, wo wir hinmüssen! Der Pförtner hat gesagt: Links rum, rechts rum, dann immer geradeaus, sie kommen direkt drauf zu. Wenn man aber immer geradeaus fährt, dann kommt man auf eine geschlossene Schranke zu. Wir entscheiden uns dann nach links abzubiegen. Da steht auch so was wie WTZ drauf (den Hinweis hatte man uns schon mal gegeben). Also anhalten (keine Parkplätze, also Weg blockieren). Im Erdgeschoss keine Anmeldung. Dann gucken wir mal auf die Tafel und entscheiden uns für "Tumorabteilung" oder so. Die Taxifahrerin und ich fahren in den 1. Stock und ich lege meine Anmeldeformulare vor. Falsch. Wir müssen in den 2. Stock: Hämatologie. "
Guten Tag, ich bin angemeldet, Sie warten bestimmt schon auf mich" sage ich. Staunende Augen. "Also, ich hab' schon von Ihnen gehört, aber sonst weiss ich von nix und die Ärzte sind in einer Besprechung und dann ist Feierabend! Ich ruf die mal an... Geht keiner ran..." "Ich bin die Taxifahrerin und brauche bloß einen Stempel" sagt die Taxifahrerin, die bloß einen Stempel braucht. Es stellt sich raus, dass wir hier bei der ambulanten Abteilung sind. Ich hingegen muss zur stationären Abteilung. Leukämie lässt sich gar nicht an einem Tag heilen...

Die Taxifahrerin und ich trennen uns. Die letzten 100 Meter gehe ich zu Fuß. Bewegung soll ja gut tun. Die erste mir entgegenkommende Krankenschwester (heißen die noch so?) frage ich: "Bin ich hier im Bettenhaus WTZ1?)." Freundlich nickend bejaht sie. Ich denke mir: Könnte ja auch mal draussen dranstehen..." Dann fahre ich hoch zum 1. Stock und los geht's:

Ich bekomme einen Venenkatheter an den Hals gelegt. Das ist ein Ding mit dem die bei mir schädlichen weissen Blutkörper, weil kaputt, zu viele und zu dick in einer Art Dialyse gewaschen werden sollen. Anlegen des Katheters: 2x schneiden, 20cm Schnüre??? bis zum Herzen legen und fertig. Auf einer Schmerzskala von 1 - 10 würde ich mal sagen: 5. Man muss sich ja noch steigern können.

Dann ab zur Dialyse. Es ist ca. 19.00 Uhr. Die Dialyse dauert ca. 2 Stunden. Schmerzen keine. Nur Langeweile, nix zu lesen, starre auf weisse Decke, geht eigentlich ganz gut.

21.00 Uhr. Jetzt noch röntgen. Geht immer mit einem Fahrdienst hin und her. Man kommt sich sehr hofiert vor.

Jetzt beim Röntgen angekommen. Irgendwelche in OP-Kleidung gewandete Menschen erzählen was von einem Notfall (nicht zu mir, sondern zu meinem "Fahrer"). Der lässt mich prompt stehen und ward nicht mehr gesehen. Ich warte 10 Minuten, nichts passiert. 20 Minuten, nix los. 30 Minuten, ich mach mich mal auf die Suche. Keiner da. Durst. Ich finde einen Wasserspender: Leer. Ich finden einen 2ten: Noch ein halber Becher drin. So müssen sich verdurstende in der Wüste fühlen. Ich entdecke aber Nachfüllflaschen, sind aber abgeschlossen, gehe also weiter auf Erkundungstour. Und finde: eine Schalter auf dem steht: Röntgen, bitte klingeln, es kümmert sich gleich jemand um sie. 5 Minuten später erscheint eine gestresste attraktive Blondine und los geht's. Röntgen dauert 2 Minuten und mein Fahrer kommt 10 Minuten später auch schon wieder.

23.00 Uhr. In meinem Zimmer (noch ein Einzelzimmer) angekommen. Zeit für´s Abendbrot. Gegessen hatte ich bislang: Zum Frühstück 1 Scheibe Toast, Mittag hatte ich mir wg. Arztbesuch gespart.... 1. Tag zuende. Gute Nacht!!!

Am 28. Mai bin ich ganz normal zur Arbeit gegangen, obwohl ich mich etwas schlapp fühlte, Kopfschmerzen hatte und mir ein bisschen übel war. Ich hab' mich dann entschlossen nachmittags nach Hause zu gehen und bin dann auch noch 1 Tag zu Hause geblieben, weil es mir noch nicht besser ging. Anschließend war ein Feiertag, dann hatte ich 1 Tag Urlaub und dann war schon Wochenende. In diesen Tagen ging es mir mal besser und mal schlechter. Gedacht habe ich mir nichts dabei und bin dann Montag wieder zur Arbeit gegangen. Dienstag war es dann soweit: Ich bin zum Hausarzt gegangen. Der hat dann auch richtig losgelegt: Blutuntersuchung, Urin, Röntgen, EKG und wollte mich dann für die ganze Woche krankschreiben, aber ich habe ihn auf 2 Tage heruntergehandelt ;-), verbunden mit der Auflage, dass wir uns am Mittwoch, den 5.6.2013 wiedersehen. Dann wollte er das Blut auch noch auf "Pfeiffersches Drüsenfieber" untersuchen. Dabei hat sich dann herausgestellt, dass ich das schon einmal hatte, ohne das zu Wissen (kann ich jetzt nicht mehr bekommen - immerhin!). Da ist meinem Arzt wahrscheinlich schon klar gewesen, worauf das hinausläuft, hat aber noch nichts gesagt. Um 12.05 Uhr hat er mich dann zum hiesigen Krankenhaus geschickt. Die haben mir noch einmal Blut abgenommen und mir dann ca. 14.00 Uhr den starken Verdacht auf Leukämie mitgeteilt. Keine weiteren Untersuchungen, sofort Taxi bestellt ins nächste Spezialkrankenhaus (Taxikosten 150 Euro, na ja, zahlt ja die Krankenkasse). Da bin ich dann so um 16.00 Uhr angekommen. Normalerweise denkt man dann ja, da passiert um die Uhrzeit nichts mehr, aber weit gefehlt. Es ging gleich richtig los.

Ich darf mich (sehr) kurz vorstellen: Ich bin männlich, 44 Jahre alt, verheiratet, 1 Kind und war bis zum 28. Mai 2013 mehr oder weniger gesund. Am 5. Juni wurde dann Leukämie bei mir festgestellt. Über die Erfahrungen, die ich mit dieser Krankheit mache, möchte ich hier berichten. Teils um das Alles für mich mal festzuhalten, teils um Freunde, Bekannte, Arbeitskollen und Nachbarn zu informieren und natürlich für meine Familie, meine Eltern und meine Frau. Da ich erst heute mit dem Bloggen anfange, bitte ich eventuellen Dilletantismus zu entschuldigen.